VPB 1990 54 / II Nr. 19 - 35 |
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LANDESRECHT | |
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1 Staat - Volk - Behörden | |
Einreisesperren gegenüber Ausländern, die die innere oder äussere Sicherheit der Eidgenossenschaft gefährden. Art. 70 BV und 19 Ziff. 2 BRB über die Zuständigkeit der Departemente und ihrer Amtsstellen zur selbständigen Erledigung von Geschäften. Das Verhältnismässigkeitsprinzip verlangt die Aufhebung einer mit der Gefahr nachrichtendienstlicher Tätigkeit begründeten Einreisesperre, welche sich unter Berücksichtigung aller Umstände nach drei Jahren nicht mehr rechtfertigt. Art. 8 § 1 und 2 EMRK. Vorliegend erweist sich die
Einreisesperre als ein Eingriff in das Privat- und Familienleben
der schweizerischen Ehefrau und Stiefkinder, der mangels eines
überwiegenden Interesses des Staates an der Fernhaltung des
Ausländers nicht notwendig ist (d) Fernhaltemassnahmen gegenüber Ausländern, welche Anlass zu schweren Klagen geben. Art. 4, 9 Abs. 2 Bst. b, Art. 12 Abs. 3, Art. 13 Abs. 1 und Art. 16 ANAG. Der Umstand, dass der Strafrichter den Teilnehmer an einem Raufhandel, der einen Todesfall zur Folge hatte, zur Landesverweisung bedingt verurteilt, hindert die Verwaltungsbehörde nicht daran, ihre Zustimmung zur Erneuerung der Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung des Betroffenen zu verweigern, sowie die Ausweisung und eine zehnjährige Einreisesperre auszusprechen. Art. 8 EMRK. Der Anspruch auf Achtung des Familienlebens steht nicht Fernhaltemassnahmen gegenüber einem Ausländer entgegen, dessen ausländische, in der Schweiz wohnende, Ehefrau und Kinder nicht selbst eine fremdenpolizeiliche Bewilligung oder einen staatsvertraglichen Anspruch besitzen. Art. 4 BV. Beachtung der Rechtsgleichheit, der
Verhältnismässigkeit und des Willkürverbots im Entscheid über die
Einreisesperre (f) Fremdenpolizei. Saison-Aufenthaltsbewilligung. Art. 1 Abs. 1 Bst. c ZuständigkeitsV. Hat das BFA
versehentlich eine erstmalige Bewilligung nicht für
zustimmungsbedürftig erklärt, so kann es den Fehler nicht mehr
anlässlich der Erteilung einer zweiten gleichartigen Bewilligung
durch Verweigerung seiner Zustimmung korrigieren (d).. Asyl. Anhörungsverfahren.
Zur Wahrung des rechtlichen Gehörs und einer fehlerfreien
Feststellung des Sachverhalts muss der Bewerber sich frei und
möglichst leicht ausdrücken können, gegebenenfalls in seiner
Muttersprache (f) Art. 3 Abs. 3 AsylG. Status der Ehegatten. - Als Ausdruck des Grundsatzes des einheitlichen Rechtsstatus für die ganze Familie setzt diese Bestimmung nicht voraus, dass der Ehegatte die Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft selbst erfüllt. - Die vor der Eheschliessung
ausgesprochene Abweisung des Asylgesuches eines Ehegatten stellt
keinen besonderen Umstand im Sinne dieser Bestimmung dar, sondern
sie muss aufgrund der nachträglichen Heirat mit einem anerkannten
Flüchtling in Wiedererwägung gezogen werden (d).. Ausnahme vom Grundsatz der Nichtrückschiebung. Art. 45 Abs. 2 AsylG und Art. 33 Abs. 2 des Abk. über die Rechtsstellung der Flüchtlinge. - Ein Unzurechnungsfähiger kann sich nicht auf den Grundsatz der Nichtrückschiebung berufen, wenn aufgrund eines rechtskräftigen Urteils feststeht, dass er ein objektiv schweres Verbrechen oder Vergehen begangen hat, die Verurteilung aber mangels Schuldfähigkeit unterblieben ist (Auslegung gegen den Wortlaut). - Die zwangsweise Ausschaffung setzt
eine Interessenabwägung zwischen den Interessen der Schweiz und
dem persönlichen Interesse des Betroffenen am Schutz vor
Verfolgung voraus (d).. Art. 63 Abs. 4 VwVG. Wahrung der Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses bei Benutzung des Sammelauftragsdienstes der PTT.
Das Verhalten von Hilfspersonen - hier einer Bank - ist dem
Vorschusspflichtigen zuzurechnen. Das Nichteintreten auf eine
Beschwerde wegen verspäteter Leistung des Kostenvorschusses
verstösst nicht gegen das Verbot des überspitzten Formalismus
(Art. 4 BV) (d)
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3 Strafrecht - Strafrechtspflege - Strafvollzug | |
Leistungen des Bundes an den Straf- und Massnahmenvollzug. Art. 21 Bst. c LSMG und Art. 10 Abs. 1 LSMV. Betriebsbeiträge
an Erziehungsheime. Zulässige Korrektur der Übergangsregelung
durch Verordnung des Bundesrates aufgrund einer Auslegung nach
Sinn und Zweck, der Annahme einer planwidrigen Unvollständigkeit
des Gesetzes und der Anwendung der Verfassungsgrundsätze der
Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und der
Verhältnismässigkeit (d)..
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4 Schule - Wissenschaft - Kultur | |
Forschungsförderung. Art. 8 Bst. e FG. Voraussetzungen eines Beitrags an eine
wissenschaftliche Publikation. Der SNF überschreitet sein
Ermessen nicht, wenn er einen Beitrag an eine bereits gedruckte
wissenschaftliche Publikation mit der Begründung verweigert,
gemäss seiner Praxis kämen Publikationsbeiträge nur für
ungedruckte Werke in Frage (d).. Förderung der Denkmalpflege. - Die Ausrichtung eines Bundesbeitrags ist keine finanzielle Abgeltung; sie dient nicht zur Milderung oder zum Ausgleich von finanziellen Lasten, die sich aus der Erfüllung vorgeschriebener Aufgaben oder durch den Bund übertragener öffentlichrechtlicher Aufgaben ergeben, da dieser keine Gesetzesbefugnis dazu hat. - Eine durch den Eigentümer freiwillig eingegangene Bauverbotsdienstbarkeit stellt kein Legalservitut dar, mit dem eine Finanzhilfe des Bundes verknüpft ist. - Begriff der Finanzstärke einer
Gemeinde nach der Dringlichkeitsordnung. Mangels einheitlicher
und miteinander vergleichbarer Unterlagen betreffend die
Finanzstärke der politischen Gemeinden auf gesamtschweizerischer
Ebene wird die Rechtsgleichheit durch die Anwendung der
Steuer-Kopfquote der direkten Bundessteuer gewahrt, soweit keine
eindeutigen Elemente ihren repräsentativen Charakter widerlegen
(f)
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7 Öffentliche Werke - Energie - Verkehr | |
Generelles Projekt einer elektrischen Freileitung beim Gotthard-Hospiz. Landschaftsschutz. Art. 72 Starkstromverordnung und Art. 3 NHG. Abweisung eines
Antrags um Verkabelung der Leitung im Beschwerdeverfahren vor dem
Bundesrat, nachdem die Fachinstanzen sowohl den
historisch-kulturellen Wert des Hospizes als den Erlebniswert des
Hospizbereiches mit seiner unmittelbaren visuellen Umgebung
geprüft haben und die Verkabelung nicht als notwendig erachten
(d).. Plangenehmigung für eine Hochspannungsleitung. Zeitliche Gültigkeit. - Die in der Genehmigung festgesetzte Frist von 2 Jahren zur Erstellung des Werks kann nach Art. 84 der V über die Vorlagen für Starkstromanlagen und nach fester Praxis erst zu laufen beginnen, wenn entweder die Durchleitungsrechte auf gütlichem Weg erworben werden konnten oder das Enteignungsverfahren abgeschlossen ist. - Eine auf Verlängerungsgesuch hin ergangene Verfügung, wonach innert eines Jahres mit der Erstellung des Werkes zu beginnen oder das Enteignungsverfahren zum Erwerb der Durchleitungsrechte einzuleiten ist, setzt eigentlich eine zusätzliche Frist an, welche die Gültigkeit der Genehmigung nicht berührt. - Wahrung des rechtlichen Gehörs einer
berührten Gemeinde im Rahmen des Beschwerdeverfahrens (d)
Fernsehen. Beschwerde an den Bundesrat gegen die Versuchserlaubnis des EVED für eine Kurzveranstaltung des Berner Regionalfernsehens «Bernsehen». Art. 33 RVO. Nichteintreten des Bundesrats auf Rügen betreffend die politische Einseitigkeit des Programms, für deren Prüfung ein besonderes Verfahren besteht. Art. 55bis Abs. 3 BV; Art. 1 UWG; Art. 3 Bst. d,
Art. 7, Art. 12, Art. 15 Abs. 2 und 3, Art. 19 Abs. 2 RVO; Art. 2
Konzession SRG von 1987. Prüfung von Rügen betreffend die
Finanzierungsart («Sponsoring»), die Rechtsform der Trägerschaft,
das Entstehen einer publizistischen Vormachtstellung sowie die
Form der Bewilligung und die Mitwirkung der SRG, durch den
Bundesrat, als Aufsichtsbeschwerde, der wegen Unbegründetheit
keine Folge geleistet wird (d)
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8 Gesundheit - Arbeit - Soziale Sicherheit | |
Begrenzung der Zahl der Ausländer. Ausnahme von der Höchstzahl. Art. 13 Bst. f BVO. Schwerwiegender persönlicher Härtefall. - Begriff. - Familienhaupt, das 23 Jahre in der Schweiz gearbeitet
hatte, voll integriert war, aus gesundheitlichen Gründen aber für
fünf Jahre in seine Heimat zurückgekehrt war, was zur Depression
der Ehefrau geführt hatte. Annahme eines Härtefalls anhand der
Dauer der früheren Anwesenheit, der Dauer der Abwesenheit, des
Verhältnisses dieser Zeiträume zum Lebensalter, der früheren
Integration und der beibehaltenen Beziehungen zur Schweiz, sowie
der Gründe des Wegzugs und der beantragten Rückkehr (d)..
Begrenzung der Zahl der Ausländer. Umwandlung von Saison- in Jahresbewilligung. Art. 28 Abs. 1 Bst. b BVO. Schwerwiegender persönlicher Härtefall. - Begriff. - Saisonier, der seit 17 Jahren immer
nur für acht Monate angestellt wird, so dass er trotz insgesamt
148 Monate Arbeit in der Schweiz die zeitlichen Voraussetzungen
der Umwandlung nicht erfüllen kann, worunter sein Familienleben
leidet. Annahme eines Härtefalls angesichts der besonderen
Umstände (d).. Krankenversicherung. Tarifvertrag der Kassen mit Ärzten. Art. 22 Abs. 3 KUVG. Die Kantonsregierung kann einem
zustandgekommenen Vertrag nur ihre Genehmigung erteilen oder
verweigern. Eine gestützt auf kantonales Recht oder auf die
allgemeine Polizeiklausel einseitig durch die Regierung
hinzugefügte Bestimmung, wonach die Tarifposition betreffend
Operationsräume für ambulante Operationen nur Arztpraxen zusteht,
welche dafür die Anerkennung des kantonalen Departements erhalten
haben, verstösst gegen Bundesrecht (i)
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9 Wirtschaft - Technische Zusammenarbeit | |
Pulverregal. Einfuhrgesuch für Munition. Art. 4, 31 und 41 BV, Art. 8 SprstG, Art. 12 ff. SprstV. - Die durch das Pulverregal erfassten Tätigkeiten sind der Handels- und Gewerbefreiheit entzogen. - Jagd-, Sport- und Industriemunition fällt auch unter das Regal. - Das Vertriebssystem der Verwaltung, wonach der Geschäftsverkehr durch wenige Grossisten erfolgt und Einfuhrbewilligungen nur ausnahmsweise an Private erteilt werden, ist mit der Verfassungsgrundlage des Regals und mit der Rechtsgleichheit vereinbar. - Das Regal dient nicht nur der Landesverteidigung und der öffentlichen Sicherheit, sondern verfolgt auch fiskalische Zwecke. - Anwendung des Äquivalenzprinzips für die Gestaltung
der nicht durch das Gesetz festgesetzten Preise der fraglichen
Munition, für welche der Bund die Einfuhr selbst vornimmt (d)..
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